Chance – wenn wir sie nutzen

Mit der «einheitlichen Finanzierung ambulant und stationär» (Efas) sollen alle Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach einem einheitlichen Verteilschlüssel finanziert werden (73 % Krankenkassen, 27 % Kanton). In meiner Partei gibt es Stimmen dafür und dagegen. Gerne präsentiere ich Ihnen eine kleine persönliche Auslegeordnung.

von Sabine Steinmann, SP-Landrätin Glarus Nord und Fraktionspräsidentin

Als Prämienzahlerin habe ich bisher wenig von den zunehmenden ambulanten Behandlungen profitieren können. Denn diese Kosten tragen vollumfänglich die Krankenkassen. Bei Annahme von Efas würden die Kantone auch ihren Anteil daran leisten. Aber sind wir ehrlich: Ob es deswegen langfristig zu einer Prämienentlastung kommt, ist fraglich, da in den Heimen ab 2032 der Anteil der Krankenkassen steigt.

Denn aktuell sind die Beiträge der Krankenkassen in Spitex und Heimen gedeckelt und die Kantone übernehmen die Restfinanzierung. Auf die Finanzierungslücken wird mit weniger Pflegepersonal pro Schicht reagiert – was wiederum die Leute aus dem Beruf treibt. Hier befürchten die Gewerkschaften, dass sich diese Spirale verstärkt, wenn ein Pflegetarif ausgehandelt werden muss. Um diese berechtige Sorge zu vermeiden, müssen wir Gegensteuer geben.

Meine Hoffnung: Weil Efas zu mehr Kostentransparenz führt, könnte dies ein Schritt zu einer kostendeckenden Abgeltung der Pflegeleistungen sein. Und durch den Einschluss in Efas erhält die Pflegeprofession mehr Gewicht in der Gesundheitsversorgung.

Im Landrat wurde mein aus allen Parteien unterstütztes Postulat für die Prüfung einer «Integrierten Glarner Gesundheitsregion» überwiesen. Das ist ein Versorgungsmodell, welches weg vom Gärtchendenken führt und das Gesundheitssystem als Gesamtheit betrachtet. Denn 80 % der Gesundheitskosten werden durch chronische Erkrankungen ausgelöst, welche oft in Mehrfacherkrankungen münden. Diese Komplexität und der Fachkräftemangel erfordern, dass verschiedene Berufsgruppen, Angehörige und Freiwillige eng zusammenarbeiten, damit sie die Patientinnen und Patienten gut versorgen können.

Meine Vision ist ein Gesundheitssystem, dessen Angebote wie Zahnräder ineinandergreifen und passgenau (und damit effizient) dem Bedarf der Patienten und Patientinnen entsprechen. Efas kann eine Grundlage dafür bieten. Die heutige unterschiedliche Finanzierung erschwert die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen und bewirkt eine (teurere) fragmentierte Begleitung von kranken und gebrechlichen Menschen.

Ich mache mir keine Illusionen: Bei der Umsetzung von Efas wird es Grabenkämpfe wegen des Gärtchendenkens geben. Für mich überwiegen jedoch die Chancen, die diese Reform bietet. Die SP wird sich dabei weiter für die Pflege, Haus- und Kinderarztmedizin, wohnortnahe Grundversorgung und tiefe Prämien einsetzen.  

Quelle: Politkolumne «zur Debatte», Glarner Nachrichten, 25.10.2024

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